Dammer Veredelungstag 2021

Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Klimawandel, Tierwohl und Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung

„Dammer Veredlungstag“ wird erstmalig online durchgeführt / Rund 100 Teilnehmer informieren sich über Perspektiven der Landwirtschaft

Rund 100 Teilnehmer konnten wir am Donnerstagvormittag per Videokonferenz zum diesjährigen „Dammer Veredlungstag“ begrüßen. „Die große Resonanz zeigt uns, dass wir mit den ausgewählten Themen eine wichtige Informationsquelle für unsere Mitglieder geworden sind, auch wenn der Veredlungstag Corona-bedingt online stattfinden muss“, so Stephan Sander, stell. Vorstandsvorsitzender der LBD. Vier hochkarätige Referenten hatten wir für die Veranstaltung gewinnen können: Prof. Dr. Dr. habil. Wilhelm Windisch von der Technischen Universität München in Freising-Weihenstephan, Bernhard Osterburg von Thünen-Institut, Braunschweig sowie Michael Dütemeyer und Lena Beringhoff von der Agravis, Münster. Im Mittelpunkt der rund 3-stündigen Veranstaltung standen die Themen Umwelt- und Klimaschutz in der Nutztierhaltung sowie die Auswirkungen von Hygienemaßnahmen auf Tierwohl und Tiergesundheit. Dementsprechend galt die Veranstaltung als Fortbildung für die Initiative Tierwohl. 

Mit der Frage „Ist die Nutztierhaltung eine Umweltsau?“ startete Prof. Wilhelm Windisch seinen gleichnamigen Vortrag. Der Titel sei bewusst provokant gewählt, da das dem Narrativ entspräche, wie die Diskussion um Nutztierhaltung geführt werde, so Prof. Windisch. Wie komplex die Problematik ist, machte er in seinem Vortrag deutlich, in dem er auf das Spannungsfeld zwischen Nutztierhaltung, Klimaschutz, Flächenverbrauch und Ernährung der Weltbevölkerung einging. „Die landwirtschaftliche Nutzfläche nimmt durch Flächenverbrauch stetig ab, gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung verbunden mit einem steigenden Bedarf an Lebensmitteln“, erklärte er. Das führe zu Zielkonflikten und Diskussionen rund um die Nutztierhaltung als Nahrungskonkurrent des Menschen und als Verursacher hoher Emissionen und Belastungen für die Umwelt. In den Fokus rücke die Produktion veganer Ersatzlebensmittel und Alternativen zu Nutztieren wie z. B. Insekten. Es müsse zukünftig darum gehen, landwirtschaftliche Flächen für die Produktion essbarer Produkte zu nutzen und die nichtessbaren Nebenprodukte in der Nutztierhaltung zu verfüttern. „Die Produktion von 1 kg vegane Lebensmittel erzeugt mindestens 4 kg nicht essbare Biomasse“, erläuterte Prof. Windisch. Das Ziel müsse es sein, nichtessbare Biomasse als Primärprodukt der Landwirtschaft möglichst effizient und klimaschonend zu Sekundärprodukten wie Eier, Milch und Fleisch zu veredeln. Zwei Aspekte spielten dabei eine Rolle: Die Art der Nutztiere und die Fruchtfolge. So seien beispielweise Hühner die effizientesten Nutztiere in Bezug auf geringe Nahrungskonkurrenz zu Menschen, Produktion von essbarem Protein und Umweltschutz. „Die Erzeugung von Lebensmitteln erreicht ihr Minimum an Emissionen und Klimawirkung im bioökonomischen Gleichgewicht von Pflanzenproduktion, Tierproduktion und Lebensmittelindustrie“, so das Fazit von Prof. Windisch.

Die Bedeutung der Landwirtschaft zur Erreichung der Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris bestätigte auch Bernhard Osterburg in seinem Vortrag „Klimaschutz und Nutztierhaltung im Lichte der Wissenschaft“. Tierhaltung, Futtermittelproduktion und Flächenbeanspruchung spielten hierbei eine relevante Rolle. Mit Blick auf die Treibhausgas-Emissionen stehe besonders die Rinderhaltung im Fokus. „Von den in der Nutztierhaltung verursachten globalen Treibhausgasen entfallen 65 Prozent auf die Rinderhaltung“, so Osterburg. Dies betreffe besonders das klimaschädliche Methan-Gas. Es sei aber nicht die Lösung, den Tierbestand herunterzufahren, da dann auch der Konsum zurückgehen müsse. Vielmehr müssten durch Anpassungen in der Produktion (Fütterung, Lebenstagleistung, Züchtung) sowie bei der Haltung und Wirtschaftsdüngerlagerung und beim Konsum die Emissionen gesenkt werden.

Nach der Auseinandersetzung mit den globalen Herausforderungen der Landwirtschaft ging es im zweiten Teil des Veredlungstages um das praxisnahe Thema Stallhygiene. Michael Dütemeyer stellte in seinem Vortrag „Nicht nur sauber, sondern rein“ verschiedene Hygienemaßnahmen und deren Auswirkungen auf Tierwohl und Tiergesundheit vor. Besonders mit Blick auf die Afrikanische Schweinepest oder die Vogelgrippe sei auf die strikte Einhaltung der Maßnahmen wie Desinfektion von Schuhen und Fahrzeugen, die Einrichtung von Schwarz-Weiß-Zonen und das Tragen von Schutzkleidung zu achten. Anschaulich stellte er vor, wie eine optimale Reinigung und Desinfektion von Ställen in den fünf Schritten Grob-Reinigung, Einweichen, Reinigung, Trocknen und Desinfektion erfolgen kann. Eine besondere Rolle spielt bei der Stallhygiene das Tränkewasser. „Wasser ist und bleibt das wichtigste aber auch das billigste Futtermittel“, so Dütemeyer. In dem Vortrag, der von Lena Beringhoff vorbereitet worden war, machte er deutlich, dass eine unzureichende Qualität des Tränkewassers zu einer verminderten Aufnahme von Wasser und Futter führen könne sowie zur Übertragung unerwünschter Stoffe in das Tier bis hin zur Schwächung des Immunsystems. „Zum Hygienemanagement gehört die regelmäßige Kontrolle des Wasserzulaufs bis zum Stall, die visuelle Kontrolle sowie die chemisch-physikalische und mikrobiologische Kontrolle“, erläuterte Dütemeyer. 


Claus Wellmann wies abschließend darauf hin, dass sich die Landwirte bei Fragen zum Hygienemanagement insbesondere auch im Hinblick auf Tierwohl an unsere Berater wenden können. 

Registrierung Telefonkontakt Aktie